Gute Provision = gute Bewertung im Vergleichsportal?
Wie Vergleichsportale mit Fake-Tests den Online-Handel zerstören
Oho, das Produkt hat eine Bewertung von 4,9 von 5 möglichen Punkten und der Anbieter eine Weiterempfehlungsrate von 99 %. Das scheint ja ein ziemlich gutes Produkt zu sein, denken die meisten von uns wohl automatisch. Wie Vergleichsportale diese Bewertung nun ermittelt haben, darüber machen wir uns im ersten Moment keine Gedanken. Der positive, erste Eindruck ist da.
Dabei wissen wir mittlerweile: Manipulationen auf Vergleichsportalen sind keine Seltenheit mehr, sondern leider zu oft die Regel. Ob es nun Restaurants, Ärzte, Hotels, Flüge, Strom oder Arbeitgeber sind, kaum eine Branche bleibt verschont. Früher ging es meist um das Problem des sogenannten Astroturfing, also das Fälschen von Bewertungen auf den Bewertungsportalen. Heutzutage stehen auch die Vergleichsportale selbst am Pranger, wegen sogenannter Fake-Tests. Seit einiger Zeit sprießen Vergleichsportale im Online-Handel wie Pilze aus dem Boden und statt den Verbraucher bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen, sorgen sie vor allem für Verunsicherung. Ihre angeblichen Vergleichstests sind oft frei erfunden.
Selbst seriösen und etablierten Anbietern fehlt es oft an Transparenz, wie Stiftung Warentest herausfand.
Der eigentliche Zweck der Vergleichsportale
Vergleichsportale sollen dem Verbraucher eigentlich helfen. Sie beleuchten Vor- und Nachteile von bestimmten Produkten oder Dienstleistungen und veranschaulichen die persönlichen Erfahrungen realer Nutzer. Gerade im Online-Bereich ergeben sich durch die schnelle Vergleichbarkeit unzähliger Angebote enorme Möglichkeiten. Theoretisch sollte so jeder Nutzer das für sich passende und in diesem Moment günstigste Angebot finden.
Jeder will ein Stück vom Kuchen
Ja, so die schöne Theorie. Doch das monetäre Potenzial solcher Websites ist längst kein Geheimnis mehr. Deshalb werden kurzerhand Websites aus dem Boden gestampft und zum Beispiel mit eigenen fadenscheinigen Bewertungen und Fake-Tests gefüttert. Erst auf den zweiten Blick kommen Fragen auf: Warum zum Beispiel ist ausgerechnet der teuerste Anbieter auf Platz 1 gelistet? Die einfache Antwort: Je höher der Verkaufspreis, desto höher meist auch die Provision.
Provision für Websitebetreiber
Denn oft handelt es sich dabei nicht um unabhängige Vergleichsportale, sondern Webseiten, die als Publisher in einem Affiliate-Netzwerk agieren. Das heißt, sie kassieren eine Provision für jeden Kauf, der durch Klick auf den oder die Links, die Sie auf Ihrer Website eingebunden haben, zustande gekommen ist. Es handelt sich also um Werbung. Und so ist es auch kein Zufall, dass die ersten Platzierungen auf solchen Websites regelmäßig in Online-Shops oder zu Online-Händlern verlinken. Da sich die Provision in der Regel prozentual aus dem Einkaufswert errechnet, platzieren die Website-Betreiber die Produkte oder Anbieter weit oben, bei denen der Einkaufswert am höchsten liegt.
Fluch und Segen Affiliate-Netzwerk
Das Affiliate Marketing ist also leider Teil dieses Problems, zumindest dann, wenn es nicht ausreichend gesteuert oder überprüft wird. Viele private Website-Betreiber investieren viel Zeit und Mühe in Ihren Content. Sie kennzeichnen Werbeanzeigen deutlich und nehmen keine Bewertung vor. So können sie sich als Publisher im Affiliate-Netzwerk ein wenig Geld dazuverdienen. Das Problem sind allerdings die schwarzen Schafe, die den Ruf der Branche nachhaltig zerstören. Sie stellen Vergleiche an, die weder objektiv noch transparent sind.
Zeit zum Umdenken
Die Abmahnung und Verurteilung solcher Websites ist ein erster Erfolg gegen diese Form der verschleierten Werbung, löst aber nicht das grundlegende Problem.
Noch entscheidender als das juristische Vorgehen wäre ein Umdenken bei den Advertisern, also den Online-Händlern, die Ihre Werbeanzeigen auf anderen Webseiten platzieren wollen. Sie sollten regelmäßig und gründlich überprüfen, welche Publisher sie freischalten oder den richtigen Dienstleister beauftragen, der dies für sie erledigt. Wir empfehlen, nicht nur auf die Zahl der Websiteaufrufe zu schauen, sondern die Website genau zu überprüfen. Nur so lässt sich derartigen Websites langfristig die Existenzgrundlage entziehen. Außerdem kann die Qualität von Bewertungen und Vergleichen so dauerhaft erhöht werden.
Dann müssen Bewertungs- und Vergleichsportale wieder transparent erklären, wie Ihre Bewertungen und Platzierungen zustande gekommen sind und der Verbraucher würde profitieren.
Auf die Meinung eines guten Freundes wird jedoch stets am meisten Verlass sein.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Vergleichsportalen? Sind die Bewertungen und Vergleiche nachvollziehbar?
Jochen Meiring hat seinen M.A. in Kommunikationswissenschaft an der WWU Münster gemacht. Als Experte für Content Marketing setzt er sich immer wieder mit neuen Trends im Onlinemarketing auseinander. Seine Kreativität und Neugier kann er in den unterschiedlichsten Kundenprojekten und im Blog von interface medien ausleben.